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Auf den Spuren der Zellkirche

von www.Familien-Blickpunkt.de am 19/08/2017 - 11:21 |

Themenfelder: Leben und Gesellschaft

Auf den Spuren der Zellkirche

Kreis Offenbach - Zum achten Mal führen die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises Offenbach und der Geschichts- und Heimatverein Mainhausen an der mittelalterlichen Siedlung im Umfeld der ehemaligen Zellkirche bei Mainhausen-Zellhausen eine archäologische Ausgrabung durch. Landrat Oliver Quilling und Bürgermeisterin Ruth Disser haben sich vor Ort über die Ergebnisse informiert und zum Ehrenamtspreis der Hessischen Denkmalpflege 2017 gratuliert, der dem Verein vom hessischen Kultusminister Boris Rhein für das langjährige ehrenamtliche Engagement beim Bodendenkmal „Zellhügel“ am Donnerstag in Wiesbaden verliehen wurde.

Schwerpunkt der diesjährigen Grabungskampagne ist die 1816 abgebrochene Zellkirche. Im vergangen Jahr wurde bereits der Westteil untersucht, nun folgt der östliche Bereich der Kirche. Bei dem Abbruch wurden sogar die Steine aus dem Fundament entfernt, so dass nur noch der Fundamentgraben übrig blieb. Aufgrund des späteren starken Bodenabtrages ist der Fundamentgraben nur noch in Resten direkt unter der Pflugschicht erhalten. Somit ist die Grabung die letzte Möglichkeit, den Kirchengrundriss zu erfassen und wissenschaftlich zu dokumentieren.

Erstaunlicherweise ist über das Aussehen der Zellkirche relativ wenig bekannt. Auf Karten ist sie mal mit Turm, mal mit Dachreiter dargestellt, naturgetreue Zeichnungen scheinen nicht zu existieren. Für die Versteigerung auf Abbruch werden die Außenmaße mit „24 Schuh breit, 54 Schuh lang“ angeben, was etwa 7 mal 16 Meter entsprechen dürfte. Weder bei früheren Grabungen noch jetzt konnte das Fundament der Ostwand aufgefunden werden. Indirekt lassen sich aber die Ausmaße der Kirche ermitteln, denn um die Kirche herum liegen zahlreiche Bestattungen, wogegen das Innere völlig frei von Gräbern ist. Erste naturwissenschaftliche Datierungen haben ergeben, dass der Friedhof zumindest im 15./16. Jahrhundert genutzt wurde.

Hinweise auf die Ausgestaltung der Kirche geben Reste von weißem und farbigem Wandputz sowie Bruchstücke von Bodenfliesen. Der älteste Fliesenboden stammt aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und beweist, dass die Kirche schon lange vor ihrer Ersterwähnung 1344 existierte. Aus dem Urkundentext vom 26. Juni 1344 geht hervor, dass die Kapelle wiedererrichtet und neu ausgestattet wurde. Möglicherweise wurde dabei auch der Fußboden erneuert, denn es fanden sind noch Reste einer zweiten Fliesenart.

In zwei weiteren schmalen Grabungsschnitten soll die seit 1953 bekannte mittelalterliche Befestigung auf dem Zellhügel weiter untersucht werden. Ein breites Steinfundament dürfte zu der Mauer, der ein Graben vorgelagert war, gehören. Rätselhaft ist derzeit noch ein neu entdeckter Graben, der zwischen Friedhofsmauer und Befestigungsmauer liegt.

Hinweise auf die mittelalterliche Siedlung im Inneren der Befestigung geben zahlreiche Fundstücke wie Keramikscherben, Tierknochen, aber auch Metallgegenstände wie beispielsweise eine große Eisenschere. Zur Kleidung gehörten im Mittelalter verzierte Fibeln, mit denen die Gewänder verschlossen wurden. Die Masse der Funde gehört ins 9. bis 13. Jahrhundert.

Wie schon in den vergangenen Jahren sind ehrenamtliche Mitarbeiter aus dem ganzen Kreisgebiet im Einsatz, die unter der Leitung der Kreisarchäologinnen diese – für die mittelalterliche Regionalgeschichte äußerst bedeutende – Fundstelle untersuchen. Viele Ehrenamtliche sind schon seit Anfang an dabei und geben ihr Wissen, wie man richtig ausgräbt, gerne an die Neulinge im Team weiter.

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