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Über Fremdlinge und Frauen

Über Fremdlinge und Frauen

Veröffentlicht: 30/03/2018 von Kunstverein Offenbach e. V.

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Die Künstlerin Traudel Hagmann hat an der HfG in Offenbach studiert und im Anschluss 40 Jahre in Stadt und Kreis Offenbach gelebt. Bis sie in ihren Geburtsort in Baden-Württemberg zurückkehrte, hat sie in Offenbach ein eigenes Büro für Gestaltung und technische Dienstleistungen betrieben. 2005 entschied sie sich für den Weg in die Kunst, nachdem sie in Schülerprojekten an der Max-Eyth-Schule in Dreieich mit mehreren Gemeinschaftskunstwerken sehr erfolgreich war.

Bereits 2006 war sie Preisträgerin bei der Internationalen Keramik-Biennale auf Mallorca, wo sie ihre Installation aus keramischen Kokons zum ersten Mal präsentierte, die dort ihren dauerhaften Platz im Keramikmuseum fand. Diese Kokons wurden zu einem über Jahre weitergeführten und immer wieder abgewandelten Projekt und werden nun im KOMM-Center vom Offenbacher Kunstverein mit einer neuen Symbolik ausgestellt: es gibt einen Fremdling zu entdecken.

Der „Fremdling“ ist der Einstieg in die Ausstellung von Skulpturen und Installationen von Traudel Hagmann. Sie stellt Fragen nach unserer Betroffenheit und unserer Empathie, wenn sie uns Häuserwirbel , schwankende Gebäude, verkokelte Gefäße und Masken zeigt, die an Tote erinnern und den Titel „wieviele Namen“ tragen. Dann Fußspuren mit dem Titel „e n t kommen“ – wie die Schreibweise zeigt, steht am Ende das Kommen. Und schon sind wir mitten in Deutschland in der aktuellen Debatte um Flüchtlinge, werden mit unseren Gefühlen zu ihrem Ankommen konfrontiert und mit unserer Zwiespältigkeit zum „Willkommen“: ein zugemauertes Zelt.

Eine weitere Installation heißt „Lebe deinen Traum – all together now“. Sie zeigt ein traumhaftes Schaukelpferd, an dem goldene Täschchen hängen, die gefüllt sind mit Slogans von Lifestyle-Rat¬gebern. Diese findet man aber nicht nur in deutscher Sprache, sondern auch in arabischen Schriftzeichen, die wir gar nicht lesen können und also auch nicht so genau wissen, was denn da nun steht. Auch hier fragt die Künstlerin nach unseren Gefühlen: Was macht das mit uns, wenn wir uns vorstellen, dass alle ihren Traum leben wollen? Ist das möglich, oder ist es ein Privileg der westlichen Welt, das nur auf Kosten einer ausgebeuteten dritten Welt gelebt werden kann?

Der Zyklus führt uns zurück in das Jahr 1968, das Jahr der Studentenrevolte, deren 50jähriges Jubiläum wir in diesem Jahr würdigen: „Unter dem Pflaster liegt der Strand“ war eine Parole der Studenten und ist der Titel einer weiteren Installation.

Diese Parole war damals schon 100 Jahre alt; sie stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts von Pierre-Joseph Proudhon, einem französischen Soziologen und Ökonomen, einem Zeitgenossen von Karl Marx. Auch nach 150 Jahren hat sie nichts an Aktualität eingebüßt, da sie eine zeitlich nicht beschränkte Idee von einer lebenswerten, demokratischeren, von Freiheit, Gleichheit, Mitbestimmung und Spaß am Leben gekennzeichneten Welt ausdrückt.

An die damaligen Visionen müssen wir anknüpfen, will die Künstlerin sagen, und den Standort neu bestimmen: Was ist von unserer Haltung, unseren Werten und Wunschträumen geblieben – was hat sich verändert, was muss sich unter den neuen Bedingungen mit „Fremdlingen“ verändern? Wie wollen wir zusammen leben, damit Europa ein lebenswertes und liebenswertes Europa bleibt?

Von diesem Verweis auf 1968 kommt Traudel Hagmann zu einer weiteren Thematik: die Frauenbewegung nahm hier wieder Fahrt auf, nachdem sie während des Dritten Reiches und im Nachkriegsdeutschland ziemlich kraftlos war. In der männlich dominierten Kunstszene erstritt sich die feministische Avantgarde endlich öffentliche Aufmerksamkeit.

Mit ihrem neuesten Werk „Touch #MeToo“ zeigt Traudel Hagmann, wie aktuell die Performance der Avantgarde-Künstlerin Valie Export aus dem Jahr 1968 auch heute noch ist, und beteiligt sich damit an der #MeToo-Debatte.

Die Ausstellung ist vom 3.4. bis 26.4.2018 montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Die Künstlerin ist anwesend zur Vernissage am 6.4. ab 18 Uhr und am 24.4. ab 14 Uhr (Führung um 18:30 Uhr). Alle Kunstinteressierten sind herzlich eingeladen, auch Freunde und Interessierte mitzubringen.

www.familien-blickpunkt.de

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