Veröffentlicht: 27/03/2012 von Magistrat der Stadt Rödermark
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Türkische Väter-Gruppe trifft sich alle zwei Wochen im SchillerHaus in Urberach
Über türkische Väter wird oft gesagt, dass sie sich nicht um die Erziehung ihrer Kinder kümmern. Eine Gruppe im SchillerHaus in Urberach stellt diese Sichtweise auf den Kopf. Etwa zehn türkische Väter treffen sich dort regelmäßig, sprechen über die Erziehung ihrer Kinder und darüber, wie sie ihnen gute Vorbilder sein können. Geleitet wird die Väter-Gruppe, die auf Initiative von SchillerHaus-Leiterin Makbule Firat und Karl-Heinz Busse vom Caritasverband des Kreises Offenbach zustande kam, von dem Sozialwissenschaftler Dr. Cengiz Deniz, der bereits mehrere solcher Initiativen begleitet hat.
Nach Auffassung von Dr. Deniz sind viele türkische Väter „sehr wohl an der Erziehung ihrer Kinder interessiert, sie wollen das Beste für ihre Kinder. Es fehlt allerdings an entsprechenden Angeboten“. Diese Meinung unterstützt die Aussage eines Mitglieds der Gruppe: „Bislang habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, welche Beziehung ich zu meinen Kindern habe. Jetzt weiß ich, dass ich intensiver daran arbeiten muss, denn ich habe gelernt, dass ich für meine Kinder ein Vorbild bin. Seitdem ich in der Väter-Gruppe bin, merke ich, dass ich eine bessere Beziehung zu meinen Kindern entwickele. Schade, dass es nicht schon früher so etwas gab.“
Es sei, so Dr. Deniz, inzwischen weitestgehend wissenschaftlich belegt, dass Kinder ihren Eltern (Vater und Mutter) gegenüber das gleiche Bindungsverhalten zeigten; beide Elternteile seien aktive Bezugspersonen. Ein Blick in die alltäglichen Spannungsverhältnisse zeige aber, dass zwischen traditionellen Rollenvorstellungen und „erwarteten“ Rollenvorstellungen erhebliche Differenzen bestünden. Dr. Deniz: „Väter, die sich aktiv an der Erziehung beteiligen, fördern die Entwicklung von Eigenschaften wie Einfühlungsvermögen und soziale Kompetenz und beeinflussen damit die schulische und soziale Leistungsfähigkeit ihrer Kinder positiv. Zudem entlasten sie die Mütter. Dabei ist es nicht von Bedeutung, wie viel Zeit die Väter mit ihren Kindern verbringen, sondern vielmehr sind Verlässlichkeit und Qualität der Beziehung entscheidend.“
Aufbauend auf diese fachlichen Erkenntnisse hat Dr. Deniz das Programm seiner Gruppenarbeit entwickelt, um Väter mit Migrationshintergrund aktiver in die Erziehung ihrer Kinder einzubeziehen. Durch praxisnahe Handlungsmuster gilt es, den Einstieg in die aktive Vaterschaft zu ermöglichen, um den Familienalltag partnerschaftlich zu bewältigen. Väter tauschen sich in der Gruppe über unterschiedliche Wahrnehmungen ihrer Rollen als Väter/Ehemänner aus, hinterfragen diese Rollen und entwickeln bei Bedarf alternative Handlungsweisen, wie sie das Familienleben durch Unterstützung ihrer Frauen fördern können. Auch um Erziehungsfragen drehen sich die Gespräche, die Lebenswelten der Kinder werden in den Blick genommen, insbesondere was die unterschiedlichen Bedürfnisse von Jungen und Mädchen anbelangt. Die Väter erfahren Ideen und Anregungen für die Beschäftigung mit ihren Kindern. Alles in allem sollen die Vorteile eines intakten Familienlebens erkannt und gelebt werden.
Die türkische Väter-Gruppe trifft sich alle zwei Wochen im SchillerHaus. Jeder Vater ist willkommen. Die Teilnahme an diesem Angebot von Caritasverband (Kreis Offenbach) und SchillerHaus ist kostenlos. Das Projekt wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert.