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„Sexueller Missbrauch ist Mord an Kinderseelen“

von www.Familien-Blickpunkt.de am 22/05/2012 - 16:22 |

Themenfelder: Beruf und Familie, Leben und Gesellschaft

„Sexueller Missbrauch ist Mord an Kinderseelen“

Erbach (hsm) -  Nach Schätzungen des Bundeskriminalamtes werden jährlich 200- bis 300 000 Kinder in Deutschland sexuell missbraucht. „Das ist Mord an Kinderseelen“, erklärte Petra Müller-Klepper, Staatssekretärin im Hessischen Sozialministerium, heute im Rahmen der Fachtagung „Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen – Alltag!? Wahrnehmen – Erkennen – Handeln“ in Erbach. In 90 Prozent der Fälle seien die Opfer weiblich. Die Staatssekretärin forderte eine konsequente Ächtung und Bekämpfung sexualisierter Gewalt. „Die Kultur des Wegschauens oder Verschweigens muss von einer Kultur des Hinschauens und Ansprechens abgelöst werden.“

Die Fachtagung, veranstaltet vom „Netzwerk gegen Gewalt“, dem Odenwaldkreis und dem Hessischen Sozialministerium, soll die Wahrnehmung der Teilnehmer, die aus Bereichen wie Schule, Jugendhilfe, Justiz, Polizei und Kommunen kamen, für sexualisierte Gewalt gegen Mädchen schärfen und ihnen Möglichkeiten der Prävention sowie Intervention aufzeigen. „Es ist wichtig, zum einen vorbeugend zu handeln und zum anderen sexualisierte Gewalt systematisch zu verfolgen und zu bestrafen“, betonte Petra Müller-Klepper.

Die Formen sexualisierter Gewalt seien vielfältig. Es gehe nicht nur um Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Missbrauch. „Auch sexistische, frauenfeindliche Redewendungen, Übergriffe mit dem Foto-Handy oder im Internet-Chat und Belästigungen sind sexuelle Übergriffe, die das Selbstbestimmungsrecht von Mädchen verletzen“, unterstrich die Staatssekretärin. Es sei daher wichtig, ein Klima der Offenheit zu schaffen, damit sich die Opfer trauten, ihre Leidensgeschichte zu erzählen. Fachtagungen wie die heutige trügen dazu bei, dass sie dann auf kompetente Personen träfen und Hilfe bekämen. „Nur so kann es gelingen, die hohe Dunkelziffer in diesem Bereich zu reduzieren und Täter schnell zu ermitteln und zu bestrafen“, erklärte Petra Müller-Klepper.

Das Sozialministerium setzt sich besonders für die Beratungsstellen für Kinder und Jugendliche ein und investiert jährlich 100.000 Euro speziell in die Fortbildung von sozialen Fachkräften, die für das Thema sexuelle Gewalt sensibilisiert und für den professionellen Umgang damit in den Einrichtungen geschult werden. Rund 30.000 Euro werden in die Fortbildungen zur Kinderschutzfachkraft und spezielle Fortbildungen für einzelne Zielgruppen investiert. Zudem wurde den Ehrenamtlichen in der Kinder- und Jugendarbeit ein Leitfaden „Irgendetwas stimmt da nicht…“ an die Hand gegeben, mit dem das Thema sexuelle Gewalt anzusprechen und ihr entgegenzuwirken ist.

Neben dem Ausbau der Hilfen müsse gleichzeitig die Prävention in den Fokus rücken. Petra Müller-Klepper verwies darauf, dass Hessen schon seit knapp zehn Jahren auf eine engmaschige Vernetzung der verschiedenen Institutionen zur Gewaltprävention setze. Das von der Hessischen Landesregierung 2002 beschlossene, ressortübergreifende „Netzwerk gegen Gewalt“ wird von der Hessischen Staatskanzlei, dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport, dem Hessischen Kultusministerium, dem Hessischen Sozialministerium, dem Hessischen Ministerium der Justiz, für Integration und Europa sowie dem Landespräventionsrat Hessen getragen.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.netzwerk-gegen-gewalt.de

www.familien-blickpunkt.de



Kommentare


ANONYM

22/05/2012 - 19:27

Grundsätzlich eine begrüßenswerte Aktion.
Noch professioneller könnten diese Veranstaltungen werden, wenn die TeilnehmerInnen im ersten Schritt ihre eigene Geschichte reflektieren. Statistisch gesehen ist jeder achte Erwachsene in Deutschland Betroffener von im strafrechtlichen Sinne schwerem Missbrauch. Ein nicht unerheblicher Teil davon sind Männer, die in frühester Kindheit Übergriffe erleben mussten, meist durch ihre eigenen Mütter oder nahe Anverwandte. Erst später kehrt sich das um. Dann werden v.a. Mädchen und Frauen angegriffen, weil sie kollektiv immer noch als schwach und minderwertig angesehen werden. Also als ideales "Opfer".

Und in allen biopsychosozialen Berufsfeldern ist der Anteil an Betroffenen, die diese Berufe ausüben sicherlich noch höher als im Bevölkerungsdurchschnitt.

"Professionelle" dürfen sich zuerst mal fragen, warum selbst erlebter "Missbrauch" bei ihnen häufig kein Thema ist. Das stärkt die eigene Position aus der heraus man dann noch viel besser mit Klienten und Patienten arbeiten kann.

Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, Ergotherapeutin, Betroffene sexualisierter Misshandlung in der Kindheit

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