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»Insektenhotel« auf der Heide von Waldacker

von www.Familien-Blickpunkt.de am 01/08/2012 - 19:34 |

Themenfelder: Leben und Gesellschaft

»Insektenhotel« auf der Heide von Waldacker

Kreis Offenbach - Wiederverwertung hat viele und manchmal unerwartete Aspekte. So kamen ausrangierte hölzerne Informationstafeln aus Bundeswehrbeständen für den NABU-Kreisverband wie gerufen: „In Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde," erläutert Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger, „wurden diese stabilen, mit einem Schutzdach versehenen Tafeln an mehreren Standorten im Kreis Offenbach aufgestellt und im wahrsten Sinne des Wortes mit Leben gefüllt – als Insektenhotels."

Auf der sonnenexponierten Seite wurden allerlei verschiedene Materialien wie perforierte Holzscheiben, Stroh und Lehmgefache eingebaut und das Ganze mit Maschendraht gesichert. Der interessante Material- und Strukturmix lockt vielerlei schützenswerte und nützliche Insekten an, zum Beispiel Wildbienen, Schlupfwespen und Florfliegen. Diese Tiere nehmen die in den verschiedenen „Hotelzimmern" angebotenen Hohlräume gerne als Brutröhren oder Überwinterungsverstecke an.

So hat auch die NABU-Ortsgruppe Rödermark, unterstützt von der Stadt Rödermark, im vergangenen Jahr ein solches künstliches Insektenbiotop in der Heide von Waldacker am Eulerweg aufgestellt. Das Dach wurde mit Mauerpfeffer und Hauswurz extensiv begrünt. Im Herbst soll durch flankierende Obstbaum-Pflanzungen die Eingrünung der Installation vervollständigt werden.

Bereits jetzt kann an den verschiedenen Brutröhren reger Flugbetrieb unterschiedlichster Solitärbienen beobachtet werden. Am auffälligsten und recht häufig sind die hummelähnlichen Roten Mauerbienen.

Das „Insektenhotel" wurde so platziert, dass es für vorbeikommende Spaziergänger oder Radfahrer gut sichtbar ist und das Objekt somit auch der Naturbeobachtung dienen kann. Die Tafel wurde einerseits sonnenexponiert nach Süden ausgerichtet, andererseits witterungsgeschützt am Waldrand aufgestellt. Damit wird zusätzlich eine gute Einbindung in das Landschaftsbild erreicht, die durch die Dachbegrünung und die geplanten Baumpflanzungen optimiert wird. Der Standort schien außerdem grundsätzlich geeignet, weil die Artenvielfalt der blütenreichen Heidefläche ein üppiges Nahrungsangebot für die „Hotelbewohner" bereithält.

„Insektenhotels" oder „Hummelpensionen" leisten einen wertvollen Beitrag zur Unterstützung gefährdeter Insektenarten, die in der zunehmend intensivierten Agrar-Landschaft und in uniformen Gärten keine günstigen Lebensbedingungen mehr finden", so die Umweltdezernentin abschließend. „Auch ist der pädagogische Wert einer solchen Tafel nicht zu unterschätzen, weil Laien den Nutzwert vieler Insekten nicht kennen. Das Insektenhotel ist damit ein weiterer Baustein der vielfältigen Aktivitäten zum Erhalt der Heide von Waldacker."

Hintergrund-Informationen/Projektbeschreibung:

Die Heide von Waldacker ist ein landschaftliches Kleinod von besonderer Bedeutung für den Kreis Offenbach. Sie stellt einen etwa 3 ha großen, ökologisch besonders bedeutsamen Landschaftsbestandteil mit Sandmagerrasen und Zwergstrauchheiden dar und lädt durch ihre Lage unmittelbar am östlichen Ortsrand von Rödermark-Waldacker und durch ihr zu jeder Jahreszeit attraktives Landschaftsbild Spaziergänger zur ruhigen ortsnahen Erholung ein.

Der fast vollständig von Wald umgebene Stadtteil von Rödermark ist eine alte Rodungsinsel, in der Jahrhunderte lang Ackerbau betrieben wurde, daher der treffende Name „Waldacker". Heute ist die alte Rodungsinsel in weiten Teilen eine Siedlungsfläche, nur die „Heide" ist als einziger größerer Offenlandbereich übrig geblieben. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich dort großflächige, artenreiche Magerrasen-Biotope und darin eingestreut die charakteristischen Besenheidebestände entwickelt. Einzelbäume und kleinere Gebüschgruppen gliedern die ansonsten weitläufig offene Landschaft in der Vertikalen. In mehreren floristischen Gutachten wurde der Artenreichtum und das Vorkommen bestandsbedrohter, geschützter Pflanzenarten wie Sandstrohblume und Silbergras nachgewiesen. Die Zwergstrauch- und Magerrasenbiotope sind nach § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes geschützt und dürfen nicht zerstört oder beeinträchtigt werden. Damit ist auch eine besondere Verpflichtung des Kreises, der Kommune, der Eigentümer und der Bevölkerung insgesamt verbunden, das Möglichste zum Schutz dieser Biotope beizusteuern und Beeinträchtigungen zu vermeiden.

Dass die „Heide von Waldacker" in dieser Form heute noch existiert und nicht vom umgebenden Kiefernwald zurück erobert wurde, ist insbesondere auf die seit vielen Jahren regelmäßig durchgeführten Pflegemaßnahmen von Seiten des örtlichen Naturschutzbundes (NABU) zurückzuführen.

Ohne diese Maßnahmen, die sich vor allem auf den Gehölzrückschnitt konzentrierten, wäre die Fläche schon längst mit Gehölzen zugewachsen. Als weitere Gefährdung für die Sandmagerrasen und Heideflächen sind auch die Nährstoffanreicherungen, die vor allem über die Luft (Stickstoff-Immissionen) sowie über Müllablagerungen und Hundekot kommen, einzustufen.

Sowohl die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Offenbach als auch die Stadt Rödermark arbeiten daran, die äußerst schutzwürdige „Heide von Waldacker" in Kooperation mit dem NABU zu erhalten und weiter positiv zu entwickeln. Auf Basis einer aktualisierten ökologischen Bestandserfassung sind Entwicklungsmaßnahmen erarbeitet worden, die den Erhalt der Offenlandfläche zum Nutzen der Natur und der örtlichen Bevölkerung noch zielgerichteter ermöglichen sollen.

Vor knapp 3 Jahren wurde aus Kreisgeldern und Mitteln des naturschutzrechtlichen Ersatzgeldes eine Grundsanierung mit schwerem Gerät zur großflächigen Rodung der zahlreichen Schösslinge unerwünschter Gehölze (Amerikanische Traubenkirsche, verwilderte Gartensträucher - Flieder und Spierstrauch) durchgeführt. Dadurch konnte die sonnenbedürftige Magerrasenvegetation wieder freigestellt werden. Die Besenheide, die stark verholzt und überaltert war, wurde durch den Rückschnitt verjüngt und treibt nun aus dem Wurzelwerk neu aus. An ausgewählten Stellen wurde der Oberboden abgeschoben und abtransportiert. Die humusarme Fläche ist nun Keimbett für eine interessante Sandrasenvegetation.

Seit 2010 sorgen Zackelschafe, Skudden und Ziegen eines Rodgauer Schäfers für die fachgerechte Biotoppflege. Für mehrere Wochen im Laufe des Sommers grasen sie systematisch die Vegetation ab und helfen damit, einer erneuten Verbuschung vorzubeugen. Auch hierbei ist der NABU mit seinen beiden Bundesfreiwilligendienstlern tatkräftig zur Stelle, hilft bei der Kontrolle der Schafherde und kümmert sich um ergänzende Pflegemaßnahmen.

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