Magazin



Jede zweite bis dritte Frau mit Behinderungen wird Opfer sexueller Gewalt

von www.Familien-Blickpunkt.de am 18/09/2012 - 17:32 |

Themenfelder: Beruf und Familie, Leben und Gesellschaft

Jede zweite bis dritte Frau mit Behinderungen wird Opfer sexueller Gewalt

 

Frankfurt (hsm) - Frauen mit Behinderungen haben ein besonders hohes Risiko, Opfer sexueller Gewalt zu werden. „Erst seit kurzem liegen gesicherte Zahlen vor, die alarmierend und erschütternd sind: Jede zweite bis dritte Frau mit Behinderungen ist im Lebensverlauf von sexueller Gewalt betroffen“, erklärte Petra Müller-Klepper, Staatssekretärin im Hessischen Sozialministerium, heute in Frankfurt anlässlich der Fachtagung „Nein! zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit Behinderung!“ der LAG der Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen in Hessen.

Die Ergebnisse einer Studie des Bundesfamilienministeriums belegen, dass Mädchen und Frauen mit Behinderungen sowohl in ihrer Kindheit und Jugend als auch in ihrem Erwachsenenleben erheblich öfter Gewalt erfahren als andere Frauen. Sie zeigt, dass 34 bis 56 Prozent der Frauen mit Behinderung im Laufe ihres Lebens von sexueller Gewalt betroffen sind. Frauen in Einrichtungen waren mit einem Anteil von 56 Prozent die am stärksten belastete Gruppe; in Haushalten betrug die Anzahl 44 Prozent.

Instrumente für den Gewaltschutz in Behinderteneinrichtungen

„Die Schutzmaßnahmen müssen verstärkt werden“, fordert deshalb die Staatssekretärin. Die Landesregierung trage der schwierigen Lebenssituation von Frauen mit Behinderungen Rechnung und stelle Instrumentarien für den Gewaltschutz zur Verfügung. „Das Sozialministerium hat aktuell für die Behinderteneinrichtungen eine Handlungsempfehlung für den Umgang mit vermuteter, berichteter oder beobachteter sexueller Gewalt entwickelt“, so Petra Müller-Klepper. Man gebe Orientierungshilfen zur Prävention, zum Umgang mit Grenzverletzungen und sexuellen Übergriffen. „Wir bieten zudem mit einer Musterdienstvereinbarung Regelungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern an, mit denen Arbeitgeber und Betriebsrat verpflichtet werden, derartige Verletzungen präventiv zu verhindern und gegen Täterinnen und Täter vorzugehen“.

Geschäftsleitung sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern würden konkrete Hilfen an die Hand gegeben, damit Gewaltprävention in Behinderteneinrichtungen tatsächlich zur Wirkung komme. Außerdem seien zahlreiche Anregungen enthalten, wie auch die potentiell Betroffenen, die Menschen mit Behinderung selbst, in die Prozesse der Umgestaltung sowie in die Sensibiliersierung hin zum genauen Hinsehen und einer erhöhten Achtsamkeit einbezogen werden können.

Die Musterdienstvereinbarung wurde in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Frankfurt und dem Hessischen Netzwerk behinderter Frauen erstellt. Sie ist ebenso wie die Musterhandlungsempfehlung zunächst als Orientierungsgrundlage und Nachschlagewerk für die Fachöffentlichkeit (Ausbildung, Fortbildung und für die konkrete Arbeit in den Behinderteneinrichtungen) gedacht und dient zur Erprobung in der Praxis. Nach der Erprobungsphase von zwei Jahren werden die Texte überarbeitet und präzisiert. Sie sind ein Beitrag zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Hessen und Teil des entsprechenden Hessischen Aktionsplanes.

Erfolgreiche Initiative bei Frauenministerkonferenz

Bereits im Juni hatte Hessen auf der Frauenministerkonferenz einen Antrag mit Maßnahmevorschlägen eingebracht. Danach sollen bundesweit in Behinderteneinrichtungen Präventionskonzepte entwickelt und umgesetzt werden. Es gelte Vorkehrungen zu treffen, damit der Schutz der Privat- und Intimsphäre gewahrt werde. Das Personal solle für die Belange der dort lebenden Mädchen und Frauen sensibilisiert und entsprechend fortgebildet werden. „Die Handlungsempfehlung für die Behinderteneinrichtungen in Hessen ist eine konkrete Umsetzung dessen, was wir in Nürnberg beschlossen haben“, so die Staatssekretärin.

Schon vor Veröffentlichung der Ergebnisse der Studie habe die Landesregierung sich für den Schutz von Frauen mit Behinderungen eingesetzt, betonte Petra Müller-Klepper. So habe das Kabinett im letzten Jahr den Zweiten Aktionsplan des Landes zur Bekämpfung der Gewalt im häuslichen Bereich verabschiedet. Dieser hat zum Ziel, auch das Beratungs- und Schutzangebot für Mädchen und Frauen mit Behinderung weiterzuentwickeln und durch Schaffung spezieller Angebote zu sichern.

Zudem habe Hessen als einziges Bundesland im Rahmen des ordnungsrechtlichen Verbraucherschutzes mit dem neuen Hessischen Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen einen besonderen Akzent auf das „Recht auf besonderen Schutz, insbesondere auch der Intimsphäre“ gelegt. Auch der „Aktionsplan des Landes Hessen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt in Institutionen“ sieht besondere Vorkehrungen für Missbrauchsopfer mit Behinderung vor. Bereits vor zwei Jahren hat das Sozialministerium zusammen mit dem Kultusministerium, dem Hessischen Netzwerk behinderter Frauen, dem Hessischen Behindertenbeauftragten, der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen sowie der Landesarbeitsgemeinschaft Wohnen für behinderte Menschen e.V. eine Fachtagung zum Thema „Verhinderung sexueller Gewalt in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung“ durchgeführt, bei der die nun umgesetzten Maßnahmen angestoßen wurden.

Die Musterdienstvereinbarung und die Musterhandlungsempfehlung sind in Alltagsprache sowie in Kürze auch in leichter Sprache und in einer Fassung für blinde Menschen verfügbar unter der Internetadresse www.brk.hessen.de verfügbar.

www.familien-blickpunkt.de



Kommentare


Hinterlassen Sie Ihren Kommentar

*Name:
*E-Mail:
Website:
*Kommentar:
  Bitte geben Sie den Text, den Sie links im Bild sehen, in das Textfeld ein. Hierdurch werden automatische Kontaktanfragen verhindert.
Bild mit dem Bestätigungscode kann nicht angezeigt werden